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You'll Never Walk Alone
You'll Never Walk Alone
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1. The Life of Reilly. Irland 1995. Produktion: Echo Productions. Produzent: Patrick O'Donoghue. Regie und Buch: Alan Archbold. Kamera: Seamus Deasy. Schnitt: Dolores Hegarty. Musik: John Carney. Darsteller: Mark O'Reagan (John Reilly), Anita Reeves (Mutter), John Olohan (Vater), Marie Conmee (Großmutter), Stanley Townsend. 27 Minuten.

2. Flatworld. England 1997. Produktion: Tandem Films/BBC. Produzent: Nigel Pay. Regie: Daniel Greaves. Buch: Daniel Greaves, Patrick Veale. Kamera: Simon Paul. Schnitt: Rod Howick, Simon Cox. Musik: Julian Nott. Animation: Simon Tofield, Kevin Grady, Dimitri Bakalov, Robin Shaw. 30 Minuten.

3. 35 Aside. Irland 1995. Produktion: Clingfilms Productions. Produzenten: Paul Fitzgerald, Petra Conroy. Regie und Buch: Damien O'Donnell. Kamera: Harry Purdue, John Moore. Schnitt: Damien O'Donnell, John Moove. Musik: Stephen McKeon. Darsteller: James Mahon (Philip Maguire), Maria Hayden (Mutter), Eamon Hunt (Vater), Moira Hoey (Großmutter). 28 Minuten. Gesamtlänge: 85 Minuten. Verleih: Kurzfilmagentur Hamburg. O.m.d.U.

Nach "Dark Tales" mit Kurzfilmen aus Neuseeland und der internationalen Animationsfilmsammlung "Tricky Tales" kommt nun ein weiteres Programm aus dem reichhaltigen Fundus der Hamburger Kurzfilmagentur ins Kino. Hinter dem Titel "You'll Never Walk Alone" verbergen sich drei mittellange Arbeiten, also Filme, die es üblicherweise bei der Kinoauswertung noch schwerer haben als fünf- bis zehnminütige Produktionen - letztere gelangen wenigstens hin und wieder als Vorprogramm zum Einsatz. Mit der vorliegenden Kollektion bietet sich die seltene Gelegenheit, qualitativ in jeder Hinsicht hochwertige Filme zu Gesicht zu bekommen, die sonst fast ausschließlich ein Festival-Dasein fristen und damit einem recht kleinen Zuschauerkreis vorbehalten bleiben. Schon dieser Umstand macht das Hamburger Unterfangen zur Pioniertat.

"The Life of Reilly" führt die wohlbehüte Kindheit John Reillys vor: Von der Wiege an unternehmen seine Eltern alles Erdenkliche, um ihn vor den Gefahren des Lebens zu bewahren. Das hat zur Folge, daß eine ständig wachsende Schar von Erwachsenen jeden seiner Schritte begleitet. Ob in der Kirche, beim Arztbesuch, in der Schule oder auf dem Fußballplatz - immer mehr von der Fürsorge besessene Zeitgenossen werden zu seinen Wegbegleitern. Endlich der Pubertät entwachsen, gelingt es John wider Erwarten, eine junge Frau kennenzulernen. Als er nach der Hochzeit sein Schlafzimmer betritt, befindet sich dort bereits die erwartungsfrohe Runde seiner Förderer. Endlich regt sich in ihm Widerstand gegen diese Entmündigung. Mit umgekehrten Vorzeichen, aber gleichem Effekt nimmt sich "35 Aside" einer Kindheit in Irland an. Philip Maguire wächst ohne den im Gefängnis sitzenden Vater auf und leidet unter Schwester, Mutter und Großmutter. Mit der Einschulung beginnt sein endgültiges Martyrium: nicht nur, daß ihm Großmutter einen riesigen, mit Teddybären verzierten Schulranzen aufzwingt; er vermag sich auch in keiner Weise in die Schulklasse zu integrieren. Alle anderen Kinder lieben Fußball - Philip aber bastelt lieber an filigranen Flugmodellen. Als klassischer Außenseiter wird er regelmäßig zum Objekt kollektiver Demütigungen. Erst der finale Auftritt seiner Mutter vermag das Blatt zu wenden. Der Animationsfilm "Flatworld" des Engländers Daniel Greaves schließlich wechselt Technik und Plot. Er entführt in eine virtuelle Welt der Zweidimensionalität, wo ein gewisser Matt Phlatt, ein Straßenbauarbeiter, seinen tristen Feierabend mit zwei Haustieren teilt. Der etwas tumbe Kater Geoff und der hinterlistige Zierfisch Chips tragen ständig Streitereien aus, während es Matt nur nach Ruhe verlangt. Als er eines Tages die Hauptleitung des "Informations-Highways" durchtrennt, verhilft er einem Gangster aus einem der zahllosen Fernsehkanäle zur Flucht nach "Flatworld". Fortan vermischen sich die Realitätsebenen. Matt und seine Haustiere sowie der Ganove liefern sich quer durch alle Unterhaltungsprogramme eine wilde Verfolgungsjagd. Die Fernbedienung wird zur gefährlichsten Handfeuerwaffe.

Wenn auch die Kombination der drei Filme nicht unbedingt ideal erscheint ("Flatworld" schlägt in jeder Hinsicht andere Töne an als die beiden irischen Kurzspielfilme), wohnen jedem Beitrag eigene Qualitäten inne. Während die Iren auf überhöhte und wundervoll schwarzhumorige Weise das Ausgeliefertsein des Einzelnen an eine feindliche Umwelt thematisieren, verlegt sich der der Engländer Greaves auf eine Persiflage der Informationsgesellschaft. Wie in Peter Hyams mißlungenem Spielfilm "Stay Tuned" (fd 30 199) wird hier die schöne, neue Medienwelt (wenn auch weitaus gelungener) als heimatloses Informations-Patchwork vorgeführt. In "The Life Of Reilly2 und "35 Aside" wird die Akzeptanz klassischer Identifikationsmuster hinterfragt und existentielle Erfahrungen angesprochen, überhöht und parodiert."»You'll Never Walk Alone", der Titel des Programms, bezieht sich auf einen Song, der in "35 Aside" zu hören ist. Darin liegt vielleicht der verbindende, gleichzeitig tröstende Nenner der Kurzfilm-Anthologie. Sehenswert ist diese allemal. · Claus Löser


Nach "Dark Tales" mit Kurzfilmen aus Neuseeland und der internationalen Animationsfilmsammlung "Tricky Tales" liegt nun weiteres Kurzfilm-Programm vor: drei preisgekrönte Filme, denen überbordende Fantasie und ausgesprochen skurriler Humor gemein sind. Drei Auseinandersetzungen mit den Unwägbarkeiten und Feindseligkeiten des Lebens, in deren Mittelpunkt Kinder, Heranwachsende und die Probleme der Informationsgesellschaft stehen.Das der bei aller Unterschiedlichkeit überzeugende Kurzfilmprogramm bietet die seltene Gelegenheit, mit einer Filmkultur in Berührung zu kommen, die sonst fast nur noch auf Festivals wahrgenommen werden kann. - Sehenswert ab 14.

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